Aktuelle Meldungen
Neuigkeiten aus der Sektion Intensivmedizinische Frührehabilitation – März 2024
Eine Sammlung von neuen Studien zur Frührehabilitation sowie Neuigkeiten zu Frührehabilitation, Delir, Outcome und Sonstigem. Zusammengestellt von Dr. Sabrina Eggmann, Physiotherapeutin, MSc, Institut für Physiotherapie, Inselspital, Universitätsspital Bern, Schweiz und PD. Dr. Peter Nydahl, GKP, BScN MScN, Pflegeforschung und -entwicklung, Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, Kiel, Deutschland.
Umfragen
PEAiCE - Was machen Physiotherapeut:innen auf Intensivstationen?
Europaweiter Survey zu therapeutischen Tätigkeiten von Physiotherapeut:innen auf Intensivstation. Achtung: bitte nur eine Antwort pro Intensivstation – idealerweise von der zuständigen Physiotherapeut:in!
Delir-Survey des Delir-Netzwerks e. V.
Eine Umfrage zum Management des Delirs in den unterschiedlichen Einrichtungen und Settings der Gesundheitsversorgung in deutschsprachigen Ländern | Informationen und Link
Studien
Metaanalyse zur Neuromuskulären Elektrostimulation
In einer Netzwerk-Metaanalyse mit 23 RCTs (n=1312) wurde die Wirkung der neuromuskulären Elektrostimulation (NMES) mit oder ohne zusätzlicher Physiotherapie im Vergleich zur üblichen Behandlung bei mechanisch beatmeten Patient:innen auf der Intensivstation untersucht. Das Risiko einer Verzerrung und die Heterogenität der Behandlung (von Quadrizeps- bis zur abdominalen Anwendung, unterschiedlichen Dosierungen & Intensitäten) waren hoch, so dass die Ergebnisse als sehr unsicher gelten. Zudem fanden die Autor:innen keinen Einfluss auf alle untersuchten Ergebnisse mit Ausnahme einer Verbesserung des Extubationserfolges mittels NMES, wobei die Physiotherapie bessere Hierarchieratings zeigte. Folglich ist die NMES im Vergleich zur körperlichen Rehabilitation (Frühmobilisation) nach wie vor deutlich weniger wirksam und sollte wenigstens mit anderen physiotherapeutischen Maßnahmen kombiniert werden.
Xu C, Yang F, Wang Q, Gao W. Effect of neuromuscular electrical stimulation in critically ill adults with mechanical ventilation: a systematic review and network meta-analysis. BMC Pulm Med. 2024 Jan 25;24(1):56.
Vibrationsplatte zur Ergänzung der Frühmobilisation
Die Vibrationstherapie bei schwerkranken Patienten ist eine neue, vielversprechende Intervention. In diesem RCT (n=177) wurde ein entsprechendes Gerät in sitzender Position (Bettkante oder Rollstuhl) in einem Zentrum in Japan untersucht. Dabei erhielten sowohl Patient:innen in der Interventions- und Kontrollgruppe eine protokollierte Frühmobilisation. Das primäre Outcome war der FSS-ICU, wobei leider bei der ausgewählten Population (Alter 69 vs. 67 Jahre (Intervention vs. Kontrollgruppe), SOFA score 6 vs. 7, Beatmung 78 vs. 69%, Sitzen an der Bettkante nach 2 Tagen) Deckeneffekte auftraten, womit Fortschritte nicht mehr messbar sind. Trotzdem zeigte sich ein positiver Trend zu besseren Ergebnissen in der Interventionsgruppe im Vergleich zur Kontrollgruppe, wobei die Ergebnisse bei übergewichtigen, weniger kranken und mobileren Patient:innen besser ausfielen. Insgesamt also eine vielversprechende Intervention, gerade auch weil sie gut mit der Frühmobilisation kombinierbar ist.
Doi S, Nakanishi N, Kawahara Y, Nomura K, Shima M, Shiraishi M, Oto J. Effects of Vibration Therapy on the Physical Function of Critically Ill Adults Trial: A Randomized Controlled Trial. Crit Care Med. 2024 Jan 26.
Frühmobilisierung von Patient:innen im Delir
Wir wissen zwar, dass Frühmobilisierung von Patient:innen mit Delir in den meisten Fällen eine effektive Prävention und auch Therapie darstellen kann, aber dennoch bestehen einige Barrieren und Hilfen in der Praxis, wenn Patient:innen mit Delir mobilisiert werden. Bennon et al (2024) haben hierzu eine systematische Übersichtarbeit in 6 Datenbanken mit Einschluss quantitativer und qualitativer Studien mit Themenanalyse durchgeführt. Im Ergebnis konnten 10 Studien geringer bis moderater Qualität eingeschlossen werden. Das Delir an sich wurde als zentrale Barriere, Mobilisierung als wesentliche Hilfe genannt. Die Themen waren a) Wissen über das Delir und dessen Management; b) persönliche Vorlieben und Variationen in der Praxis; c) die wahrgenommene Belastung durch das Delir inklusive Sicherheitsbedenken und Personalmangel; d) Komplexität mit Risikoabschätzung und Management der Co-Faktoren; e) Entscheidungsprozesse anhand von Standards und/oder persönlichen Einschätzungen; und f) die Kultur, bzw. der Veränderung auf der Station. Die Autor:innen schlussfolgern, dass einzelne Teams die Mobilisierung von Patient:innen mit Delir sehr unterschiedlich beurteilen können und daher auch zu abweichenden Entscheidungen kommen können. Ob eine Standardisierung in Anbetracht der zahlreichen Facetten eines Delirs und der Komplexität der Fälle aber sinnvoll ist, muss weiter erforscht werden.
Bennion J, Manning C, Mansell SK, Garrett R, Martin D. The barriers to and facilitators of implementing early mobilisation for patients with delirium on intensive care units: A systematic review. JICS 2024: 1-13
Atemnot
Dyspnoe zählt zu den belastendsten Erfahrungen, die Menschen machen können. Etwa 40% der Patient:innen, die eine invasive Beatmung auf der Intensivstation (ICU) erhalten, berichten über Dyspnoe mit einer durchschnittlichen Intensität von 45 mm auf einer visuellen Analogskala von 0 bis 100 mm (100=max. Atemnot). In einem Statement werden die Prävalenz, klinische Bedeutung, Diagnose und Behandlung von Dyspnoe bei kritisch kranken, beatmeten erwachsenen Patient:innen vorgestellt. Es behandelt die Definition, Pathophysiologie, Epidemiologie, kurz- und mittelfristige Auswirkungen, Erkennung und Quantifizierung sowie Prävention und Behandlung von Dyspnoe. Das Statement stellt eine Zusammenarbeit der European Respiratory Society (ERS) und der European Society of Intensive Care Medicine (ESICM) dar. Obwohl Dyspnoe viele Ähnlichkeiten mit Schmerzen teilt, kann sie weit schlimmer sein als Schmerz, da sie eine urtümliche Angstreaktion hervorruft. Als solche verdient sie universelle und spezifische Beachtung. Dyspnoe muss bei allen Patient:innen identifiziert, verhindert und gelindert werden. Auf der ICU haben beatmete Patient:innen aufgrund ihres physiologischen Zustands und in einigen Fällen aufgrund der Beatmung selbst ein hohes Risiko, Atemnot zu erleben. Gleichzeitig haben beatmete Patient:innen Schwierigkeiten, ihre Not zu signalisieren. Die Bewältigung dieser klinischen Herausforderung erfordert Schulung und Training und umfasst Mitarbeitende und Patient:innen. Dies ist umso wichtiger, da im Gegensatz zu Schmerzen, die zu einem universellen Gesundheitsproblem geworden sind, sehr wenig Aufmerksamkeit der Identifizierung und Behandlung von Atemnot bei beatmeten ICU-Patient:innen geschenkt wurde.
Demoule A, Decavele M, Antonelli M, et al. Dyspnoea in acutely ill mechanically ventilated adult patients: an ERS/ESICM statement. Intensive Care Med. 2024 Feb;50(2):159-180. doi: 10.1007/s00134-023-07246-x
Newsticker
Interessante Studien, kurz zusammengefasst…
Rehabilitation
Fidelity: Warum sind die Ergebnisse von Studien zu Interventionen auf der Intensivstation so uneinheitlich? Ein möglicher Grund ist die Behandlungsgenauigkeit (=Fidelity), d. h. das Ausmaß, in dem ein Studienprotokoll wie geplant durchgeführt wird. Bei dieser Übersichtsarbeit wurde festgestellt, dass die Behandlungstreue in 94 Studien zur körperlichen Aktivität auf der Intensivstation nur sehr unzureichend angegeben wurde, was die Ergebnisse der Studien erheblich beeinträchtigt. Wir brauchen bessere RCTs! Farley et al. (2024)
Finanzielle Anreize: die Einführung finanzieller Anreize für die Mobilisation von Intensivpatient:innen kann zu mehr Mobilisation und einem verbesserten Barthelindex bei Entlassung führen, weitere Forschung ist allerdings notwendig. Machbarkeitsstudie aus Japan von Unoki et al (2024)
IMT: Ein Protokoll zum Inspiratorischen Muskeltraining (IMT) bei beatmeten Intensivpatient:innen ≥24h konnte bei 11% aller Patient:innen angewendet werden, von denen 96% das Training auf der Intensivstation beginnen und in 88% auf allgemeinen Stationen weiterführen konnten. Interviews mit Beteiligten identifizierten Barrieren und Lösungen. Proof-of-concept Studie von Major et al (2024) aus den Niederladen
Physiotherapie in Portugal: in einem nationalen Survey mit 181 Physiotherapeut:innen, die auf Intensivstationen in Portugal arbeiten, wurden sehr heterogene Ergebnisse bzgl. Arbeitszeiten, Stellenmodellen, Tätigkeiten und Verantwortungen berichtet. Ein Viertel hat einen Masterabschluss, die Hälfte haben Mobilisierungsteams und die meisten Physiotherapeut:innen saugen endotracheal ab. Ramalho et al. (2024)
Ultraschall: In der Analyse von 7 Studien moderater Qualität mit 299 Intensivpatient:innen führte der Gebrauch von thorakaler Sonographie inkl. Zwerchfell durch Physiotherapeut:innen in 64% zu einer Änderung der Diagnose, in 17% zu einem anderen Management und in 48% zu einer anderen Behandlung. Die Autor:innen der Meta-Analyse empfehlen den Einsatz von Ultraschall durch Physiotherapeut:innen zur besseren Behandlung bei Intensivpatient:innen mit Atemproblemen. Lockstone et al (2024)
Wieder Aufladen: Obwohl Intensivpatient:innen Widerstände gegen die Frühmobilisierung erleben, erfahren sie sie als wichtigen Schritt in ihrer Rehabilitation. Eine gute Kommunikation und Vertrauen sind dabei unerlässlich. Interviewstudie von Karachi et al (2024) aus Südafrika
Move Protokoll: bei 69 Intensivpatient:innen mit Beatmung >48h führte die Implementierung des Start to Move-Protokolls im Vergleich zur üblichen Versorgung zu einem 20% besseren Barthelindex und einer bedeutsamen Reduktion von ICU-AW bei Verlegung. Soto et al (2024) aus Chile
Frühreha in Pädiatrie: die Implementierung eines Qualitätsverbesserungsprojekts mit Analgesie-zuerst-Sedierung, Delirmanagement und Frühmobilisierung war bei 1.036 Kindern und Jugendlichen machbar und führte zu einem geringeren Verbrauch von Sedativa. Choong et al (2024) aus Kanada
Sunshine Therapy: in einer Prävalenzstudie in Australien und Neuseeland mit 49 Intensivstationen und 649 Patient:innen mit der Frage, wie viele der Patient:innen an einem Stichtag nach draußen in die Sonne gebracht werden konnten, kamen 24% (n=158) der Patient:innen dafür infrage, aber lediglich 1% (n=7) wurden nach draußen gebracht. Alles Patient:innen mit ≥1 Woche Aufenthalt, 3 davon beatmet, Dauer 15-120 Minuten, 6 mit Familie, alle fanden es toll, es gab keine unerwünschten Sicherheitsereignisse. Das wirft Fragen zur Lebensqualität, aber auch nach nötigen Ressourcen auf. Maiden et al (2024)
PICS Rehabilitation: beginnt zwar auf der Intensivstation, wird aber auf der allgemeinen Station, in der Rehaklinik und in Einrichtungen oder im besten Fall zu Hause fortgeführt. Gerade Patient:innen mit PICS benötigen Reha und hier sind alle Beteiligten aus Gesundheitseinrichtungen, Wirtschaft und Politik aufgerufen, entsprechende Versorgungen zu gewährleisten. Übersichtsarbeit von Liu et al (2024)
PICS Nachsorge: die ersten Nachsorge Ambulanzen für PICS entstanden 1993 im Vereinigten Königreich. Üblicherweise werden überlebende Intensivpatient:innen nach 3 Monaten kontaktiert; möglich sind Telefonanrufe oder Vorstellung in einer Ambulanz mit und ohne Einschluss der Familie. Meist werden Fragen zu Medikationen, Rehabilitation, Ernährung und ggf. Beschäftigungen geklärt. Übersichtsarbeit von Nakanishi et al (2024)
Schreiben als Bewältigungsstrategie: während und nach dem Versterben von Patient:innen nutzen viele Familien das Schreiben in Tagebüchern, Sozialen Medien und anderswo, um die Erfahrungen zu verarbeiten. Hierbei scheint das Schreiben wichtiger als das Lesen zu sein, aber nicht alle wollen weder das Eine noch das Andere. Riegel et al (2024) aus Australien
Let's Talk: Für Familienkonferenzen auf Intensivstationen wurde ein neues Tool mit Text und Cartoons/Grafiken entwickelt, das von 26 Angehörigen als sinnvoll und akzeptabel beurteilt worden ist. Von Scoy et al (2024) aus den USA
Die Kunst der Berührung: Berührungen mit Hautkontakt senken den Blutdruck und Stress, verbessern die Immunabwehr und schaffen Vertrauen in der Beziehung. In Zeiten, in denen die Technik zu- und die Empathie abnehmen, kann eine Berührung eine enorme Wirkung haben. Statement von Mangione et al. (2024)
Wissen & Tun: in einer Befragung von 296 Intensivpflegenden konnte ermittelt werden, dass mehr Wissen über Frühmobilisierung meistens mit mehr Umsetzung in der Praxis verbunden ist, dies aber nicht immer der Fall sein muss. Sui et al (2024) aus China
Schlaf: bei 90 Patient:innen mit akutem Koronarsyndrom führte eine Verlängerung der Besuchszeiten von einer auf zwei Stunden zu einer signifikant besseren Schlafqualität in den ersten drei Nächten. RCT von Bagheri et al (2024) aus dem Iran
Intensivtagebücher I: können wir die übliche pflegerische und medizinische Dokumentation nutzen und dann ChatGPT in Anspruch nehmen, um daraus empathische, personalisierte Einträge in einem Tagebuch zu generieren? „Pat. ist c/p stabil, hatte CT“ -> ChatGPT -> „Lieber Herr Meier, Ihr Zustand ist weiter stabil …“. Ja, das ist theoretisch möglich, aber wollen wir das? Provozierendes Studienprotokoll von Peschel et al (2024)
Intensivtagebücher II: Tagebücher können auch in der Neonatologie sehr sinnvoll sein. Schöner Übersichtsartikel von Grenzer (2024)
Zugehörige: die Anforderungen, Aufgaben und Rollen für Zugehörige sind komplex, sie bedürfen der Unterstützung durch das Team. Seidlein et al (2024)
Delir
Delir & Familien: bei 98 Familienangehörigen von nicht-/deliranten Intensivpatient:innen war die Inzidenz von PTBS, Angst und Depression 30 Tage nach Aufnahme bei Familien von Delirpatient:innen bedeutsam erhöht. Kotfis et al (2024) aus den USA
Sitzen: bei 237 geriatrischen Patient:innen war eine geringere tägliche Dauer von aufrechten Positionen (Sitzen) signifikant mit dem Auftreten eines Delirs assoziiert (Sitzen bei Delir: 51 Min vs 111 Min bei nicht Delir). Beobachtungsstudie von Evensen et al (2024) aus Norwegen
Dexdor zur Nacht: bei 331 Intensivpatient:innen >65 J. nach kardiochirurgischen Eingriffen führte die nächtliche Gabe von Dexmedetomidin vs. Placebo mit einem Ziel-RASS von -1 bis +1 nicht zu einer verbesserten postoperativen Delirinzidenz. RCT von Huet et al (2024) aus Frankreich
Implementierung: in einem 4-Jahresprojekt mit Implementierung des ABCDEF Bündels auf 15 Intensivstationen mit 38.000 Patient:innen konnte eine Reduzierung der Delirhäufigkeit und -dauer um 5% erreicht werden, ohne Einfluss auf die Dauer der Beatmung, Mortalität oder andere Faktoren. Komplexe Studie. Owen et al aus Kanada (2024)
Outcome
Transfer: Kritische kranke Personen (>5d), welche auf der Intensivstation mittels Schritte auf einen Stuhl transferieren konnten, wurden eher nach Hause entlassen und verbrauchten weniger Zeit im Krankenhaus. Eine Assoziation ist aber nicht unbedingt ursächlich und die Zahlen aus der UK sind wohl nur bedingt auf die DACH-Länder übertragbar. Haylett et al. (2024)
Selbsteinschätzung: In dieser Mixed-Methods-Studie gaben Überlebende einer kritischen Erkrankung oft an, dass ihr Funktionszustand besser sei als dann objektiv gemessen wurde (mittels FIM, 6-Minuten-Gehtest, Handkraft, Functional Reach Test). Die meisten waren optimistisch, was ihre Genesung anbelangt, obwohl viele 6 Monate nach ihrer kritischen Erkrankung über neue Einschränkungen berichteten. Paton et al. aus Australien (2024)
Lungenbelüftung: In dieser randomisierten klinischen Crossover-Studie wurde bei 17 mechanisch beatmeten Intensivpatient:innen keine Auswirkung der vertikalen Lagerung (im Bett sitzend versus auf dem Kipptisch stehend) auf die Lungenbelüftung - gemessen mit dem Lungen-Ultraschall-Score - festgestellt. Leider musste die Studie aufgrund der Pandemie die Rekrutierung frühzeitig stoppen (nicht gepowert). Neves et al. (2024)
Langzeitfolgen: Funktionelle Einschränkungen vor der Intensivstation sind ein wesentlicher Risikofaktor für langfristige funktionelle Einschränkungen (>12 Monate). Prospektive Kohortenstudie aus Norwegen mit n=220. Mesina et al. (2024)
Extubation: in einer Meta-Analyse mit 14 Studien moderater Qualität und 4.459 beatmeter Intensivpatient:innen zeigte sich ein Spontanatmungsversuch mit Druckunterstützung vs. T-Stück als vorteilhafter, um das Risiko für eine Re-Intubation zu senken; die Risikoreduktion betrug aber nur 4%. Burns et al. (2024)
Gemischtes
Traumhafte Erfahrungen: in der Meta-Synthese von 33 qualitativen Studien über deren als real erinnerte, aber traumhafte Erfahrungen (delusional memories) von Intensivpatient:innen konnten drei zentrale Themen identifiziert werden: ein Sinn für Gefahr und Tod, die Gegenwart von anderen, und die Realität hinter der eigenen Welt. Harter Tobak. Danielis et al (2024)
Post-Covid-Sedierung: Vor der Pandemie waren wir auf einem guten Weg zur patienten-zentrierten Behandlung und individueller, leichter bis gar keiner Sedierung. In der Covid-19 Krise wurden viele Intensivpatient:innen aber wieder pauschal tief sediert und behandelt wie in den frühen 2000er Jahren. Schaffen wir es, die positive Entwicklung wieder aufzunehmen und weiterzuführen? Glassford und Shehabi (2024)
Patientensicherheit: Hospitalisierte Patient:innen (n=9109 von insgesamt 680‘969) mit einem unerwünschten Ereignis (19 spezifische Ereignisse (PSI) inklusive Dekubitus, Sturz mit Oberschenkelfraktur oder postoperatives respiratorisches Versagen) haben im Mittel höhere Kosten (CHF 27‘409), eine um 7,8 Tage längere Verweildauer, eine 2,5-mal höhere vorzeitige Wiederaufnahme und eine 4,1-mal höhere Sterblichkeitsrate. Insgesamt schätzten die Autor:innen, dass jährlich rund 347 Mio. CHF Millionen Franken Mehrkosten pro Jahr durch die untersuchten PSI in der Schweiz entstehen. Giese et al. (2024)
Mitarbeitersicherheit: von 10 Mitarbeitenden im Intensivbereich haben 10 Mitarbeitende mindestens einmal Gewalterfahrungen erlebt: ca. 3 physische, 6 verbale Gewalt und 1 sexualisierte Gewalt. Meta-Analyse mit 75 Studien und fast 140.000 Mitarbeitenden von Berger et al (2024)
BPS: in 75 wachen, nicht-sprechenden Intensivpatient:innen zeigte die BPS mit der NRS nur eine schwache Übereinstimmung, was in der Praxis zu einer Unterversorgung mit Analgetika führen kann. Eine unterstützte Kommunikation zur Verbesserung des Schmerzassessments und Symptommanagement sind notwendig, um Patient:innen vor unnötigen Schmerzen zu schützen. Waydhas et al (2024) aus Deutschland
Nachhaltigkeit: in einer Umfrage mit 218 Teilnehmenden aus dem ITS/IMC Bereich aus Deutschland wurden viele Gründe für Nachhaltigkeit angegeben (Kosten, Ressourcenknappheit, gesellschaftlicher Druck, usw.), weiter gab lediglich die Hälfte an, dass in ihrem Krankenhaus Maßnahmen zur Nachhaltigkeit umgesetzt werden. Es ist noch viel Luft nach oben. Borrega et al (2024)
CO2-Abdruck: in der Analyse von 13 Studien zum CO2-Abdruck in der Intensivmedizin wurde ermittelt, dass dieser zwischen 88 kg und 178 kg CO2e/Patiententage liegt, der Müll bewegt sich zwischen 1,1 bis 13,7 kg/Patiententage. Die Hauptursachen sind Stromverbrauch, Gase und Verbrauchsmaterialien. Gaetani et al (2024)
Palliative Versorgung in der Notaufnahme: Patient:innen am Lebensende werden oftmals in Notaufnahmen versorgt, was die Teams vor Herausforderungen stellt. In diesem Review werden Fallbeispiele sowie Empfehlungen für Symptombehandlungen, Entscheidungsalgorithmen und Kommunikation mit Familien gegeben. Dehina et al (2023)
Organspende: Wir setzen mit individuellen Subjekten eine ganzheitliche Medizin, Pflege und Therapie um, aber bei Organspendern gilt das plötzlich nicht mehr, die sind dann nur noch „Objekt“. Das verunsichert. Diskussion von Seidlein et al (2024)
Empathie: Um Empathie auszudrücken, gaben 94 Familienangehörige und 72 Mitarbeitende 4 verschiedene Strategien an: a) versichern, dass das Team weder Familien noch Patient:innen im Stich lässt; b) Emotionen wertschätzen und Hilfen anbieten; c) Familien willkommen heißen; d) Informationen verständlich mitteilen. Eigentlich ganz einfach. Mixed-Method Studie von Reifarth et al (2024) aus Köln
Transgender: Transgender Patient:innen können Mitarbeitende vor Herausforderungen stellen, z.B. im Umgang, Ansprache mit diesen Patient:innen, aber auch in der Reflexion von Vorurteilen, Diskriminierung, Dokumentation, der Durchführung von Schwangerschaftstests oder der Bewertung physiologischer Parameter. Diskussion von Gilmore et al (2024)
Digitalisierung: der DPR bietet in Kooperation mit eHealth.Business Informationen zu digitalen Kompetenzen in der Pflege an. Umfangreich!
Weitere Informationen auch unter www.icu-rehab.de.
Dieser Beitrag ist die Arbeit von
- Dr. Sabrina Eggmann, Physiotherapeutin, MSc, Institut für Physiotherapie, Inselspital, Universitätsspital Bern, Schweiz (Foto privat)
- PD. Dr. Peter Nydahl, GKP, BScN MScN, Pflegeforschung und -entwicklung, Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, Kiel, Deutschland (Foto privat)
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