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Kein Lidocain mehr bei intraossärem Zugang in der Kindernotfallmedizin
Lidocain soll in der Kindernotfallmedizin nicht mehr zur Verhinderung eines Punktions- oder Injektionsschmerzes bei Anlage eines intraossären Zugangs angewendet werden. So lautet die abschließende Empfehlung aller notfallmedizinischen, pädiatrischen Fachgesellschaften in einer aktuell veröffentlichten Stellungnahme. „Wir sollten unbedingt und sofort auf Lidocain in diesem Zusammenhang verzichten“, appelliert Prof. Florian Hoffmann, Vizepräsident der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (DIVI) sowie Leiter der Notfallmedizin am Dr. von Haunerschen Kinderspital München an seine Kollegen. Es seien aus jüngster Vergangenheit wiederholt Zwischenfälle mit teilweise dramatischem Ausgang dokumentiert, weiß Hoffmann. Diese hätten den Ausschlag für das Positionspapier gegeben, das unter Federführung der DIVI und in Zusammenarbeit mit der Gesellschaft für Neonatologie und pädiatrische Intensivmedizin (GNPI), der Deutschen Gesellschaft für Anästhesiologie (DGAI) und des German Resuscitation Councils (GRC) entstand.
In mehr als der Hälfte der Fälle werde ein intraossärer Zugang bei reanimationspflichtigen Patienten gelegt und bei diesen Fällen spiele die Schmerzhaftigkeit des Verfahrens keine Rolle, heißt es in dem Papier. Im Rahmen einer Nutzen-Risiko-Abwägung seien potenziell erwartbare Schmerzen gegenüber einer lebensrettenden Therapie nachrangig.
„Die intraossäre Applikation ist wegen des schnellen Plasmaspiegelanstiegs weder als Lokalanästhesie zu werten – wie es häufig in Rettungsdienstschulen und Notarztkursen gelehrt wird –, noch kann in einer Notfallsituation die erst Minuten später einsetzende Wirkzeit abgewartet werden“, zeigt Hoffmann auf.
Im Notfall bei Anlage eines intraossären Zugangs auf Analgesie verzichten
Entsprechend liege keinerlei Indikation für den Einsatz des Medikaments vor und das Risiko sei viel zu hoch.
So empfehlen die Fachgesellschaften beim Kindernotfall ab sofort:
- In unmittelbar lebensbedrohlichen Fällen bei meist bewusstseinsgetrübten Kindern soll auf eine primäre Analgesie verzichtet werden.
- Für alle anderen Situationen wird ein zweizeitiges Vorgehen mit primärer Analgesie über einen alternativen (z.B. intranasalen) Applikationsweg empfohlen.
- Liegt weder ein unmittelbar lebensbedrohlicher Notfall noch die Möglichkeit einer zweizeitigen Therapiestrategie vor, soll kritisch geprüft werden, ob überhaupt eine Indikation zur intraossären Punktion besteht.
Um die Kehrtwende in der Lehre sowie Aus- und Weiterbildung zu untermauern, führt das Positionspapier drei konkrete Fallbeispiele von Säuglingen und Kleinkindern auf, die nicht wegen der Primärerkrankung, sondern durch die Gabe von Schmerzmitteln bei der Anlage des intraossären Zugangs tödlich oder beinahe tödlich endeten. Ein Umdenken in der Prozedur müsse entsprechend sofort Eingang in alle Bereiche der pädiatrischen Notfallmedizin und in alle Ausbildungskonzepte finden, sagt Florian Hoffmann deutlich und im Namen aller Autoren. „Es darf kein weiteres Kind zu Schaden kommen!“
Foto: Dr. von Haunersche Kinderspital
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