Ziele
Intensivmedizinisch relevante Erkrankungen des Gehirns, Rückenmarks und des übrigen Nervensystems mögen innerhalb der gesamten Intensivmedizin von außen betrachtet weniger spektakulär wirken als andere Bereiche. Weil es sich aber um ein sehr vulnerables und unersetzliches Organsystem handelt, sind die Patienten von schwerster Behinderung und nicht selten dem Tod bedroht. Zeitkritisches, gezieltes Handeln und Kenntnis des komplexesten Organsystems des Menschen bilden besondere Herausforderungen in dieser speziellen Sparte der Intensiv- und Notfallmedizin.
Die DIVI-Sektion "Neuromedizin - Studien und Standards" beschäftigt sich mit allen relevanten Themen der neurologischen und neurochirurgische Intensiv- und Notfallmedizin. Die Sektion beschränkt sich nicht auf wenige bestimmte Krankheitsbilder oder -zustände, sondern bearbeitet das Feld allumfassend. Der Fokus liegt dabei zum einen auf aktuellen, relevanten Studien, zum anderen auf Standards, also Leitlinien, Konsensuspapiere, Protokollen, etc. Wo die Sektion hier Lücken entdeckt, engagiert sie sich dafür, diese zu schließen. Dabei ist die Zusammenarbeit mit anderen Sektionen der DIVI und fachlich benachbarten Fachgesellschaften sowie Berufsgruppen von großer Bedeutung.
Die Sektion Neuromedizin - Studien und Standards befasst sich aktuell mit folgenden Themen:
- Aktuelle, klinisch relevante Studien der Neuro-Intensivmedizin und -Notfallmedizin
- Aktuelle Leitlinien und Konsensus-Aktivitäten zur Neuro-Intensivmedizin und -Notfallmedizin
- Einbringen der o.g. Ergebnisse in die Interdisziplinäre Intensivmedizin, z.B. DIVI-Kongress und Journal
- Durchführung eigener Studien aus Bereichen der Neuro-Intensivmediziun und -Notfallmedizin
- Zusammenarbeit mit anderen DIVI-Sektionen (zB Koma, Notaufnahme, Ethik, Organspende, etc.) und Fachgesellschaften (z.B. DGN, DGNC, DGNI, DSG, NCS)
Sie hat insbesondere die folgenden Ziele:
- Aufklärung zu, Austausch von, Beitrag zu relevanten Themen der Neuro-Intensivmedizin und Notfallmedizin
- Optimierung von Schnittstellen der Neuromedizin mit anderen Bereichen der Intensiv- und Notfallmedizin
- Berufspolitisches und fachgesellschaftliches Engagement für Qualität, Mitarbeit und Ausbildung
- Förderung der Interaktion von Fach- und Berufsgruppen mit Verantwortung für Patienten mit schwersten Erkrankungen des Nervensystems
Publikationen
Themenheft "Neuromedizin" DIVI 2022/2
"Atemweg und Beatmung bei hirngeschädigten Intensivpatienten – Kommentierter Auszug aus dem aktuellen Konsensus der ESICM" DIVI 2021/3 Julian Bösel
"Der Beitrag der Intensivmedizin aus neurointensivmedizinscher Sicht" Pilotausgabe DIVI-Migliederzeitschrift 2009" S. 11: Steiner T,
"Handlungsempfehlungen zum Notfallmanagement..." Ausgabe 2012/01 S. 10: Steiner T, et al.
Themenheft Schlaganfall, komplettes Heft: Juni 2015
"Notfallversorgung des akuten ischämischen Schlaganfalls..." Ausgabe 2016/01 S.28: Breuer L et al.
Sonderheft Neurointensivmedizin 2 / 2022, Sembill S.70, Aroyo S. 74, Schmidbauer S. 80, Leithner S. 88
Vernetzung und aktive Projekte mit:
Prof. Dr. med. Julian Bösel
Prof. Dr. med. Julian Bösel
Neurologische Klinik, Universitätsklinik Heidelberg /
Frau Prof. Dr. med. Angelika Alonso
Neurologische Klinik, Universitätsklinik Mannheim
Laufende Projekte
Leitlinienadhärenz
Die intensivpflichtigen zerebrovaskulären Krankheitsbilder akuter ischämischer Schlaganfall (AIS), intrazerebrale Blutung (ICB) und Subarachnoidalblutung (SAB) gehören zu den häufigsten auf Neuro-Intensivstationen. Zu den einzelnen Krankheitsbildern existieren aktuelle Leitlinien nationaler und internationaler Fachgesellschaften. In dieser Umfragestudie soll untersucht werden, inwieweit auf deutschen (Neuro-) Intensivstationen diese Leitlinien auch Anwendung finden.
Bundle Care Target
Die intensivpflichtigen zerebrovaskulären Krankheitsbilder akuter ischämischer Schlaganfall (AIS), intrazerebrale Blutung (ICB) und Subarachnoidalblutung (SAB) gehören zu den häufigsten auf Neuro-Intensivstationen. Studien, die einzelne Therapiemaßnahmen bei diesen Erkrankungen untersucht haben, fielen bisher oft negativ oder neutral aus. Aus anderen Bereichen der Intensivmedizin haben sich teilweise "Care Bundles" (z.B. ein Bündel von Maßnahmen zur Verhinderung von ventilationsassoziierten Pneumonien) als erfolgreich entpuppt. In dieser Umfragestudie soll untersucht werden, inwieweit auf deutschen (Neuro-) Intensivstationen bestimmte physiologische Zielwerte wie Blutdruck, Temperatur oder Glukose angestrebt werden. In einem späteren Schritt soll prospektiv ein Care Bundle auf Sicherheit, Machbarkeit und Wirksamkeit untersucht werden.
SAB-Therapiestandards
Die intensivpflichtige aneurismatische Subarachnoidalblutung (SAB) gehören zu den gefährlichsten und unvorhersehbaren Krankheitsbildern auf Neuro-Intensivstationen. In dieser Umfragestudie soll untersucht werden, inwieweit auf deutschen (Neuro-) Intensivstationen Unterschiede und Gemeinsamkeiten in der Behandlung der SAB existieren, ob es also hierfür "Standards" gibt. Die Studie wurde abgeschlossen und steht zur Publikation an.
Prognose IHE
Die ischämisch-hypoxische Enzephalopathie (IHE), also der Sauerstoffmangel-Schaden nach Herzstillstand und Reanimation, früher auch hypoxischer Hirnschaden genannt, ist Gegenstand dieser Studie. Patienten, die nach Reanimation nicht (gleich) das Bewusstsein wiedererlangen und klinisch und apparatebasiert Hinweise auf eine sehr schlechte Prognose zeigen, werden meist einer Therapiezieländerung in Richtung Palliation und Versterben zugeführt. Diese Studie sammelt Patienten, bei denen aus religiösen, kulturellen, familiären oder anderen Gründen diese Patienten trotz schlechter Prognosemarker eine Fortführung Ihrer Intensiv- und danach Rehabilitationstherapie erhalten bzw. einer Langzeitbeatmung zugeführt werden und untersucht deren klinischen Verlauf.
Geplante DIVI Projekte
Register zu malignem Mediainfarkt
Beschreibung folgt
Multizentrisches Projekt zu ICUAW
Dysphagie
Besonders auf der Intensivstation stellt die Schluckstörung eine große diagnostische und therapeutische Herausforderung dar. Bei Intensivpatienten mit vorbestehenden, aber auch bei akuten neurologischen Erkrankungen ist die Dysphagie prognoseentscheidend (z.B. bei Schlaganfällen, inflammatorische Polyradikuloneuritiden, Myasthenia gravis etc.). Fast 80% der Patienten mit prolongierter Beatmung zeigen nach der Entwöhnung vom Beatmungsgerät eine Dysphagie, die oft durch „Intensive Care Unit-Acquired Weakness“ (ICU-AW) bedingt ist. Das kann zu Komplikationen wie Aspirationspneumonien und der Notwendigkeit einer Reintubation führen.
In diesem Projekt soll untersucht werden, inwieweit auf den Intensivstationen bei der Dysphagie standardisierte Verfahren zur Detektion und Therapie etabliert sind. In einem späteren Schritt soll prospektiv die Etablierung solcher im interdisziplinären Setting evaluiert werden.